Ferienwohnungen

Ferienwohnungen in Zeiten des Mangels an bezahlbarem Wohnraum

Halten wir uns nicht allzu lange mit der grundlegenden Problematik von Ferienwohnungen in Zeiten des Mangels auf. Das Problem ist bekannt, die Nachfrage hoch, das Geschäft boomt – vor allem in den Bezirken innerhalb des S-Bahn-Rings. Die Schätzungen über die berlinweite Anzahl von gewerblich genutzten, also zweckentfremdeten Wohnungen als Domizile für Tourist*innen und Kurzzeitberliner*innen belaufen sich auf Zahlen zwischen 16.000 und 18.000 Wohnungen. Gerade mal ein Drittel, rund 6000 Wohnungen, sind bis zum Stichtag im August 2014 angemeldet worden. Offenbar sind die Befürchtungen rechtlicher Konsequenzen beim Umgehen des Verbots der Zweckentfremdung von Wohnraum recht klein. Und diese Rechnung scheint aufzugehen, weil die personelle Ausstattung – 34 Mitarbeiter*innen berlinweit – zur Prüfung und Ahndung in den Bezirken so mangelhaft ist, dass Vermieter*innen von Ferienwohnungen nicht einmal auf sonderlich viel Glück hoffen müssen, um in der Masse zu prüfender Gesetzesverstöße einfach unter zu gehen. Insbesondere in Bezirken wie Neukölln und Mitte mit einer hohen Anzahl an Ferienwohnungen, deren Zahl stetig wächst, dürfte dies eher die Regel sein. Wunder sind von 2-4 Mitarbeiter*innen pro Bezirk wohl eher nicht zu erwarten.

Neben Ferienwohnungen betrifft das Zweckentfremdungsverbot auch den sogenannten spekulativen Leerstand. Dauert dieser mehr als 6 Monate, fällt er unter das Verbot. Oft folgt einem solchen Leerstand der Verkauf, denn es ist für Investor*innen rentabler und unproblematischer bereits entmietete Objekte zu erwerben.

Noch interessanter sind aber die Details, aus denen sich für Aktivist*innen und Initiativen möglicherweise sinnvolle Strategien ableiten lassen, das Geschäft mit dem Wohnraum in ihren Gruppen zu diskutieren und in ihren Aktionen zu thematisieren.

(Un)Möglichkeiten und Hürden behördlicher Überprüfungen

Während zu Beginn der Verordnung die Internetrecherche zu angebotenen Ferienwohnungen durch die prüfenden Behörden noch aus datenschutzrechtlichen Gründen als verboten galt, wurde das Internet als Datenquelle zur Recherche nun in Absprache mit dem Datenschutzbeauftragten Dix ohne eine Ergänzung des Gesetzestextes legitimiert. Die Behörden recherchieren nun parallel zu den konkreten Meldungen von Bürger*innen immerhin – sofern es die personelle Ausstattung erlaubt – auch im Internet in sozialen Netzwerken wie facebook, vor allem aber auf den üblichen Portalen wie Airbnb, Wimdu und 9flats. Aber leider kein Grund für ein großes Aufatmen. Die Internetrecherche ist zwar jetzt erlaubt, die tatsächliche Verwertbarkeit der ermittelten Angebote ist jedoch eher dürftig. Warum?

Zunächst einmal muss die Gesamtzahl der Suchergebnisse differenziert werden. Und zwar in solche Angebote, die rein gewerblich genutzte Ferienwohnungen von solchen Angeboten unterscheiden, die aufgrund von Reisen oder vorübergehender beruflicher Abwesenheit inseriert werden. Einige Karten und Zahlen, die von verschiedenen Projekten und Initiativen veröffentlicht worden sind, zeigen jedoch lediglich diese allgemeinen Zahlen und schließen so Menschen in ihre Statistiken ein, die ihren Wohnraum tatsächlich teilen oder vorübergehend untervermieten wollen, etwa, weil sie sich im Ausland befinden. Das bläst das Problem ohne jede Not auf und trägt ungewollt dazu bei, dass wirkliche Zweckentfremdung in der Gemengelage verschleiert bleibt und damit für zielgerichtetes behördliches Handeln nicht greifbar wird.

Eine seriöse und tendenziell behördlich verwertbare Zahl von gewerblich und dauerhaft genutzten Ferienwohnungen lässt sich nicht realisieren ohne die einzelnen Angebote unter Berücksichtigung bestimmter Kriterien genau zu sichten und damit zu versuchen die Zahl tatsächlicher Zweckentfremdungen in Form von gewerblich genutzten Ferienwohnungen zu verdichten. Auch, wenn die tage- und wochenweise Vermietung von Wohnraum zu beachtlichen Preisen bereits kritikwürdig ist, wenn sie nur im Falle der beruflichen oder urlaubsbedingten Abwesenheit von Mieter*innen geschieht und meist unversteuerte Gewinne über dem eigentlichen Mietpreis erzielt werden, ist diese Form der Vermietung auf Zeit von der gewerblichen Ferienwohnungsvermietung zu unterscheiden. Sie fällt nämlich nicht unter das Zweckentfremdungsverbot. Meldungen solcher Art verursachen unnötigen Prüfungsaufwand, der am Ende zu nichts führt.

Welche Kriterien verdichten die Annahme von Zweckentfremdung? Zu den wichtigsten Kriterien gehört das Checken des Buchungskalenders auf eine dauerhafte Verfügbarkeit. Neben den Fotos, die zumindest bei professionellen Vermieter*innen den typisch sterilen Ikea-Flair versprühen und ohne sichtbare persönliche Gegenstände (Bücher-, DVD- und CD-Regale, Poster, Küchenequipment usw.) eingerichtet sind, können die Beschreibungen und vor allem die Bewertungen von ehemaligen Nutzer*innen Aufschluss geben. Das ist nötig, weil eben die Einrichtung noch kein ausreichendes Indiz für eine gewerbliche Zweckentfremdung ist, denn auch Mieter*innen wie Du und ich erhoffen sich den ein oder anderen leicht verdienten Euro, wenn sie ihre billige Butze auf Portalen wie Airbnb oder in sozialen Netzwerken zum Goldesel machen. So haben wir vom Sozialbündnis Alt-Treptow aufgrund von Widersprüchen in Beschreibung und Bewertungen einige weitere Hinweise auf zweckentfremdeten Wohnraum gefunden. So zum Beispiel, wenn in den Angebotsbeschreibungen zu lesen ist, dass die Vermieter*innen in ihrer vorübergehenden Abwesenheit vermieten, in den Bewertungen allerdings der hervorragende Service, der nette persönliche Kontakt und die Möglichkeit sich jederzeit mit Problemen oder Fragen an die Vermieter*innen wenden zu können über den grünen Klee gelobt wird. Hier waren es häufig gerade Wohnungen, die ziemlich privat und individuell eingerichtet waren. Die Vermutung drängt sich auf, dass hier Wohnraum nicht mehr selbst bewohnt wird und stattdessen als zusätzliche Einkommensquelle genutzt wird, während ehemalige Mieter*innen längst woanders wohnen. Wir müssen doch alle sehen, wo wir bleiben…

Auf Portalen wie Airbnb bieten Vermieter*innen von Ferienwohnungen ihre Angebote in der Regel nicht mit vollem Namen und genauer Adresse an. Die Standorte werden lediglich grob nach Straßen markiert. Mit etwas Mühe und Glück lassen sich in den einzelnen Beschreibungen zur Lage kleinere Hinweise, wie z.B. „Feinkostladen direkt im Haus“ finden und darüber zumindest die Hausnummer ermitteln. Wie wir jedoch wissen, ist die personelle Ausstattung der zuständigen Wohnungsämter in den Bezirken so gering, dass eine solche Sisyphusarbeit in der Regel wohl nicht gestemmt werden kann. Schon gar nicht in Bezirken, wie Kreuzberg, Neukölln und Mitte, die eine hohe Dichte an Ferienwohnungen zu beklagen haben. Selbst wenn Mitarbeiter*innen der Wohnungsämter solchen Hinweisen nachgehen, bleibt weiterhin offen, um welche Wohnung im betreffenden Haus es sich handelt. Die eher vagen Angaben, die auf den Portalen zu finden sind, können demnach lediglich Indikator für die Anzahl und Verteilung von Ferienwohnungen im Kiez sein und Aufschluss darüber geben, ob Mitglieder solcher Portale ggf. mehrere Wohnungen in der Stadt anbieten. Solche Zahlen sind sowohl für stadtentwicklungspolitische Initiativen, als auch prüfende Behörden nicht uninteressant. Sie führen in der Regel aber nicht zur Ermittlung von Menschen, die dringend benötigten Wohnraum als willkommene – meist steuerfreie – Einkommensquelle nutzen. Diese Informationen dienen damit auch nicht der notwendigen Veränderung der bestehenden Verhältnisse, weil sie für behördliche Überprüfungen, Unterbindungen und Bußgeldverfahren unzureichend sind oder den Tatbestand der Zweckentfremdung gar nicht erfüllen.

Das Gesetz bietet darüber hinaus leider auch Schlupflöcher und Interpreta-tionsspielräume. Ein Beispiel: Professionelle Vermieter*innen müssen beispielsweise lediglich dafür sorgen, dass die offizielle Vermietung des Wohnraums an Tourist*innen nicht unter 2 Monaten erfolgt. Vermietungen ab 2 Monaten fallen nämlich nicht unter das Zweckentfrem-dungsverbot. Das Gegenteil zu beweisen, ist praktisch unmöglich.

Was können wir tun?

Die Behörden, d.h. die Ämter für Bau- und Wohnungsaufsicht der jeweiligen Bezirke, benötigen möglichst genaue Angaben zur Lage der Wohnungen und am besten sogar Informationen darüber wer die Eigentümer*innen/ Vermieter*innen der betreffenden Häuser sind. Erst dann können die wenigen Mitarbeiter*innen den Hinweisen effektiv nachgehen. Ob und inwiefern die gesammelten Daten von gegenwärtigen Aufrufen einiger Initiativen und Vereine (Berliner Mieterverein, Bezirksgruppe F-Hain, Crowd-Map Moabit), Ferienwohnungen zu melden, an die Bezirke weitergereicht werden, bleibt meist unerwähnt. Wahrscheinlich, weil es vielen grundsätzlich problematisch erscheint damit de facto zur Denunziation aufzurufen.

So geht es auch uns in Alt-Treptow. Der kleine Kiez im Dreiländereck erfährt eine rasante Aufwertung und einen radikalen Austausch der Bevölkerung. Der Erlass einer Erhaltungssatzung (sog. Milieuschutzsatzung) für das Gebiet, der sich gerade in der abschließenden Untersuchung befindet, lässt auf sich warten. Das ist in Bezug auf Ferienwohnungen deshalb ärgerlich, weil es in Milieuschutzgebieten für Vermieter*innen von Ferienwohnungen nahezu unmöglich ist, eine Genehmigung zu erwirken. Wir wollten wissen in welchem Umfang das Problem gewerblich genutzter Ferienwohnungen im diesem sehr kleinen Kiez eine Rolle spielt, welche Straßen besonders betroffen sind und wie wir als Initiative dazu beitragen können die Unterbindung von Zweckentfremdungen sinnvoll voranzutreiben.

Mit unseren Daten von rund 23- 25 Ferienwohnungen aus allein einem Portal, die mit großer Wahrscheinlichkeit ausschließlich als solche genutzt werden (davon allein 5 Wohnungen eines Hauses von Berlin Aspire Real Estate), haben wir Kontakt zu den prüfenden Behörden gesucht. Beim Wohnungsamt in Treptow-Köpenick sind wir – entgegen unserer Erwartungen – mit offenen Armen und großem Interesse für unsere Recherchen empfangen worden, jedoch auch mit den oben beschriebenen Schwierigkeiten innerhalb behördlicher Verfahrenswege konfrontiert worden. Wir wissen also, dass das bereits beschriebene Recherchevorgehen, so wichtig dies für die notwendige Differenzierung auch sein mag, nicht ausreicht, um die Mühlen der Bürokratie eine wenig zu beschleunigen.

Spannend ist allerdings – sofern die Bereitschaft besteht – der regelmäßige Austausch mit Mitarbeiter*innen der Behörden. Zum einen lassen sich hier gesicherte Zahlen über Meldungen und erfolgreiche Verfahren in Erfahrung bringen, zum anderen können die Strategien professionell agierender Vermieter*innen von Ferienwohnungen diskutiert werden. So scheint es eine recht unübersichtliche Gemengelage in Sachen Berlin Aspire Real Estate – bekannte Expert*innen für dreiste Entmietungs- und rentable Vermarktungsstrategien von Wohnraum – zu geben. In den letzten Monaten hat sich das Business mit Ferienwohnungen in der Karl-Kunger-Straße 26 von zunächst 2 auf mittlerweile 5 Wohnungen im Haus gesteigert. Offenbar ist Aspire aber nicht – wie vermutet – Eigentümer*in des Hauses, sondern lediglich beauftragt mit der (Zwischen?)Nutzung der Wohnungen. Hier stellt sich die Frage, ob dies eine weitere Dienstleistung im Portfolio des Unternehmens ist, um die Recherchen zu den Zweckentfremdungsverboten zusätzlich zu erschweren und eine gewisse Unübersichtlichkeit im Wissen um die personelle Überlastung der Behörden herzustellen.

Eine sinnvolle, vor allem aber effektive Strategie gegen das einträgliche Geschäft mit den Ferienwohnungen, die sich – wie wir es uns erhofft hatten – berlinweit in die verschiedenen stadtentwicklungspolitischen Initiativen tragen lässt, hat sich aus unseren Bemühungen nicht ableiten lassen. Obwohl die Mitarbeiter*innen eine Zusammenarbeit mit uns als Initiative begrüßen, scheint die kleinteilige Recherche – man muss eigentlich von Ermittlung sprechen – konkreter Adressdaten offensichtlich der einzige Weg zu sein, um eine Zuarbeit an die Behörden sinnvoll zu gestalten. Damit wären wir dann beim faktischen Aufruf zur Denunziation, denn ohne die Mithilfe von Bürger*innen, die Ferienwohnungen in ihren Häusern melden, wird hier nichts gehen.

Zumindest für die Aufklärung über die Problematik in den einzelnen Kiezen könnte durch die Initiativen gesorgt werden. Durch Flyer, Plakate oder am besten charmante, bunte Aktionen könnte das Thema im Kiez aufgegriffen und ggf. die jeweils zuständige Behörde genannt werden. Wichtig sind hier jedoch wirklich konkrete Meldungen der genauen Adresse, Wohnung und ggf. Hauseigentümer bzw. Hausverwaltung. Vage Airbnb-Zahlen sind, wie oben bereits erwähnt, nicht nur wenig hilfreich, sondern führen eher zur Überlastung des raren Personals. Der Kontakt zwischen Initiativen und der zuständigen Wohnungsaufsicht kann aber sinnvoll sein, um zu erfragen, ob und inwiefern eine konstruktive Zusammenarbeit möglich und gewünscht ist. So ließen sich möglicherweise Meldungen bündeln und anonymisieren. Zwischenzeitlich wurde nämlich bereits in einigen Bezirken Kritik laut, weil die zuständigen Behörden offenbar Daten von Menschen weitergegeben hatten, die Ferienwohnungen angezeigt hatten.

Eines lässt sich sagen: Man muss nicht die hellste Kerze auf der Torte sein, um festzustellen, dass hier offenbar ein Gesetz geschaffen worden ist, dessen Umsetzung personell und organisatorisch – in einem dem tatsächlichen Bestand an Ferienwohnungen angemessen Umfang – praktisch unumsetzbar ist. Stellt man die bereits ermittelten Daten und Schätzungen zu zweckentfremdeten Wohnraum in der Stadt den Handlungsmöglichkeiten des Gesetzes mit seinen Grauzonen und der (strategischen?) Unterbesetzung der prüfenden Behörden gegenüber, wird deutlich, dass Mieter*innen mit niedrigen und mittleren Einkommen keine nennenswerte Entlastung zu erwarten haben und der Verdrängungsdruck weiter anhält bzw. steigt.