Ein Bezirk im Dornröschenschlaf.
Wohnhaus Plesser Str. 11: Wieder kein bezirklichen Vorkauf in Alt-Treptow.
Im Dezember 2019 wurde bekannt, dass ein Wohnhaus eines privaten Besitzers in der Plesser Str. 11 veräußert werden soll. Da sich das Wohnhaus im Milieuschutzgebiet befindet, hatte der Bezirk Treptow-Köpenick den Kauf durch zwei städtische Wohnungsunternehmen angefragt. Die Wohnungsgesellschaften Degewo und Stadt & Land lehnten einen Kauf ab, ohne Hintergründe zu nennen. Ist dies ein Einzelfall? Mitnichten. Wir als Mieterini „Sozialbündnis Alt-Treptow“ fragen empört: Warum wird in Treptow-Köpenick so selten das bezirkliche Vorkaufsrecht ausgeübt? Warum werden hier nur wenige Abwendungsvereinbarungen im Vergleich zu den Nachbarbezirken abgeschlossen?
Trotz 45 Hausverkäufen. Kaum bezirklicher Vorkauf und Abwendungsvereinbarungen.
Milieuschutz ist zwar kein Instrument des aktiven Mieterschutzes. Die Milieuschutzverordnung zielt jedoch darauf, die „gewachsenen Strukturen der angestammten Bevölkerung zu schützen“. Seit der Einführung des Milieuschutzes 2016 wurde in Treptow-Köpenick das bezirkliche Vorkaufsrecht ganze 2 Mal ausgeübt. 7 Abwendungsvereinbarungen wurden geschlossen (Stand: Dez. 2019). Obwohl 45 Kaufverträge – 45 Hausverkäufe – in Milieuschutzgebieten durch den Bezirk geprüft wurden.
Der Bezirk Neukölln hingegen hat seit Einführung des Milieuschutzes 14 Mal das bezirkliche Vorkaufsrecht über einen Dritten wahrgenommen. Und es wurden 29 Abwendungsvereinbarungen geschlossen (Stand: Nov. 2019). Zu berücksichtigen gilt natürlich, dass Neukölln mehr Milieuschutzgebiete als Treptow-Köpenick hat. Auf den Fall angesprochen, verwies das Bezirksamt Treptow-Köpenick auf Twitter darauf: „(…) die Entscheidung zur Ausübung des Vorkaufsrechts wird durch die Städtischen Wohnungsbaugesellschaften als Dritte getroffen, nicht durch den Bezirk und auch nicht durch unseren Bezirksstadtrat (…)“
Das ist natürlich richtig. Aber schöpft das Bezirksamt alle Möglichkeiten des Milieuschutzes aus, um Alt-Mieter*innen vor Entmietung zu schützen? Warum fragt das Bezirksamt seit 2016 nur die zwei vorgebenden städtischen Wohnungsgesellschaften an? In Neukölln tritt der Bezirksstadtrat an weitere städtische Wohnungsunternehmen heran, mit der Bitte einen Kauf zu prüfen. Des Weiteren besteht die Möglichkeit, dass die Mieter*innen ihr Wohnhaus auch selbst kaufen. So geschehen im Mai 2018 in der Zossener Str. 48. Hier übte der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg das Vorkaufsrecht zugunsten einer Berliner Stiftung aus. Die Mieter*innen wurden selbst Hauseigentümer*innen. Diese Option wurde den Betroffenen bisher hier verwehrt. Obwohl es die ersten Milieuschutzgebiete in Treptow-Köpenick seit 2016 gibt. Seit dieser Zeit hat der Bezirksstadtrat Reiner Hölmer nie betroffene Mieter*innen von sich aus informiert, wenn ihr Wohnhaus veräußert wurde.
Warum werden die Betroffenen nicht vom Bezirk über den Verkauf ihres Hauses informiert?
Bisher erfuhren betroffene Mieter*innen vom Verkauf ihres Hauses erst aus der Zeitung oder per Zufall. Verfolgt der Bezirksstadtrat damit ein bestimmtes Ziel? Möchte er vielleicht nicht, dass Mieter*innen Protest organisieren, Medien einschalten und Druck auf den Investor ausüben? Scheut das Bezirksamt die juristische Auseinandersetzung mit dem interessierten Investor? Der Bezirk Neukölln zögert nicht und informiert die betroffenen Hausgemeinschaften. Auch wird zu einer Informationsveranstaltung ins Bezirksamt eingeladen. Daher sagen wir als „Sozialbündnis Alt-Treptow:
Schluss mit dem Dornröschenschlaf, Herr Hölmer. Die Milieuschutzverordnung ist kein lascher Papiertiger, den man aussitzt. Sie müssen die Instrumente des Milieuschutzes radikal und weitgehend anwenden, um Alt-Mieter*innen vor Entmietung zu schützen. Nichts darf zum Mieterschutz unversucht bleiben. Handeln Sie jetzt. Wir fordern vom Bezirk:
- mehr als die zwei vorgebenden städtischen Wohnungsunternehmen beim Vorkaufsrecht anzufragen, auch Stiftungen.
- Mieter*innen müssen immer und frühzeitig informiert werden, wenn ihr Wohnhaus veräußert werden soll. Sie müssen zu einer Informationsveranstaltung ins Bezirksamt eingeladen werden. Ihre Bedürfnisse müssen gehört werden.
- Den Mieter*innen darf nicht länger das Recht verwehrt werden, ihre Wohnhäuser im Veräußerungsfall selbst zu erwerben.
- Rekommunalisierung: Der Bezirk muss stets Rücksprache mit dem Senat halten, um einen Rückkauf möglicher Wohnhäuser durch den Senat zu prüfen zu lassen.